Saturday, February 24, 2018

Zwischen den Zeiten

Excuse me, my English speaking fellows, inspiration came to me in German again. Who knows, if we keep meeting  chido  Mexicans, maybe someday I'll post something in Spanish...

So, 18.2.
Der Weg zum Vulkan beginnt wie alle anderen mit einem Colectivo. Wir müssen nicht nach dem passenden suchen, es kommt uns am Eingang seines Nestes in Tapachula entgegen. Der Fahrer winkt aufgeregt, wir winken fröhlich zurück und es wird mitten auf der Straße angehalten, damit wir einsteigen können. Keine 2 Minuten später nächster Halt: Markt, augenblicklich werden wir umringt von diversen Gerüchen und Verkäufern, die sich emsig plappernd ins Auto drängen. Aber bei Churros für 30ct sagen wir ausnahmsweise ja. Cooler Service! Weiter geht's durch die Straßen Tapachulas, kleines Straßenrennen mit einem anderen Colectivo, dann volle Kanne in die Eisen steigen, da passt noch jemand rein ins Auto! Nun ist die Schicksalgemeinschaft komplett und wie Maik treffend feststellt, können viele Mitfahrer quasi polsternd die fehlenden Gurte ersetzen. Auch das letzte kurvige Stück Bergstraße nehmen wir mit Nackenschmerzen und Humor: Besuch aufm Jahrmarkt ist mit dieser Fahrt erledigt.

Mexikanische Autofahrer wird man nicht wie z.B. Vietnamesen oder Napelesen an der globalen Spitze der Verkehrs-Chaos-Skala finden (meiner Erfahrung nach - und jaja, Verallgemeinerungen...). Jedoch sprechen der gebraucht-verbeulte Zustand vieler PKWs und das schüchtern anmutende Verhalten der Fußgänger von einer einzigen simplen Regel: "Sei auch du ein Lümmel im Verkehrsgetümmel!" Blinken ist was für Angeber und wenn überhaupt, dann gleich beidseitig, so als Universalsignal für alle Gelegenheiten! Achtung, scharfe Kurve: Warnblinker. Ich bremse demnächst: Warnblinker. Ich biege ab, rate mal wohin: Warnblinker. Und so weiter. Die Hupe ist ebenfalls Kommunikationsmittel, va um als Taxifahrer potentielle Kunden zu verschreck...äh...aufmerksam zu machen oder sich bei Kreuzungen die Vorfahrt zu sichern. Auch nach fast 3 Monaten in Mexiko bin ich mir nicht sicher, ob es ein rechts vor links gibt oder eher wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Aber keine Sorge, das Unfallrisiko scheint in diesem Sinne meist gebremst vom Mangel an Aggression, zumindest gegenüber anderen Fahrern.

Wie gesagt, viele Menschen hier scheinen als Kind in ein Entspannungsbadfass gefallen zu sein, da kann die Mugge noch so aufdringlich aus den Lautsprechern dröhnen, es käme nie jemand auf die Idee sich zu beschweren. Und wenn schon das Colectivo abseits der Gangschaltung keine akustische Unterhaltung bietet, dann hat bestimmt einer der Fahrgäste ein Handy mit potenten Lautsprechern. Gerne auch mehrere Geräte, parallel zu den unendlichen Filmen auf langen Busfahrten. Generell fasziniert mich die Geräuschkulisse hier am meisten, und darüber hinaus meine eigene Toleranz ihr gegenüber. In Europa, den USA und überhaupt vielen Ländern scheint es ja sowas wie den Anspruch auf Ruhe zu geben, in Mexiko gibt es n Satz heiße Ohren. Party zu Weihnachten mit Dezibel im Düsenjet-Bereich von Mitternacht bis 5, direkt neben dem Campingplatz? Ich höre niemanden meckern. In der Pizzeria läuft ein Film, der mit Schüssen und Explosionen die eigenen Kaugeräusche schluckt? Kenne keinen, den es juckt. Werbung lässt sich auch am besten akustisch realisieren, über Lautsprecher am Autodach. Und wenn der Gasflaschen-Verkäufer durch die Straßen fährt, hört man das am lauten Scheppern der Kette, die am Heck baumelt (klingt wie die Glocken eines Weihnachtsschlittens, ihr könnt euch meine Enttäuschung vorstellen als keine Pferde auftauchten). Kindergeschrei, Autoabschließ-Hupe, Hunde-Gebell und natürlich Shopping-Soundtrack, also ohrenbetäubende Musik in vielen Geschäften, und niemand zuckt auch nur mit der Wimper. Und ich habe mich erfolgreich angepasst - man ist halt nicht allein auf der Welt - und zu Weihnachten einfach Oropax reingemacht.

Aber ich schwiff ab. Wir fuhren am Fuße des Vulkans durch die dschungeligen Kaffeeplantagen, welche gerade in voller Blüte stehen und herrlich duftend durch die Fenster des Colectivos wehen. Beim Gedanken an den Aufstieg zum Gipfel morgen, kommt mir allerdings innerlich das Bibbern, aus Furcht vor dem Äußerlichen. Soll heißen: Sommerschlafsäcke!!, und obwohl es um einen Vulkan geht, soll es nachts schweinekalt werden, also Pappkartons packen oder doch Feuer im Zelt? Es bleibt spannend, sogar für uns.










Mi 21.2.
Das war mal keine gute Idee mit der Jeans! Im Bus Richtung Tschijischiapan (oder wie das heißt) ist es kackenwarm und zum ersten Mal erwerben wir bei den Verkäufern, die bei jedem Halt die Gänge mit ihren Fruchtbeuteln, Bananenchips und Getränken ablaufen, eine Cola. Zucker!!! Ersetzt das ausgefallene Frühstück, wir mussten nämlich beim Packen streiten, da Maik meine kleine Kompaktkamera nicht mehr findet. Also das dritte Gerät weg nach der gestohlenen Powerbank in Tulum und meinem vergessenen Handy in Santa Kannstmichma. Mitten in unseren Frust platzte dann auch noch eine Dame des Hotels mit der Aufforderung, doch bitte das Zimmer zu zahlen und wollte den Gutschein über 15% Rabatt anfangs gar nicht annehmen. Den hatten wir gestern Abend in einer Pizzeria entdeckt, wo extra für uns 2 vegetarische Pizzen gemacht wurden und wir uns mit den freundlichen Angestellten über den dröhnenden Fernseher hinweg über ihren im Fluss ertrunkenen Chef unterhalten. Union Juarez ist ein kleines Dorf und die Leute lieben Tratsch. Jedenfalls ist der Streit mittlerweile gegessen, die restliche Pizza auch, zum Mittagessen und erspart damit die manchmal frustrierende Suche nach Kadaver-freier Nahrung.

Auf dem Weg zum Krater des Vulkans war das übrigens überhaupt kein Problem, die Menschen auf 2000m Höhe ernähren sich nämlich hauptsächlich von Bohnen und Tortillas (Maismehlfladen), manchmal mit Ei dazu, schön salzig und in viel Fett gebraten. Nach einer stundenlangen Wanderung nur bergauf natürlich das leckerste Essen überhaupt! So wurden wir für günstig Geld zum Essen und Schlafen in die einfachen Holzhütten der Bewohner des Vulkans gebeten, und huch, ist das ein Huhn unterm Tisch? Die Freundlichkeit und Offenheit der Leute ist absolut, voller Staunen betrachtet Maxima meinen Arte-Stoffbeutel, ihr Mann Francisco lächelt durch die fehlenden Vorderzähne. Das Ehepaar ist über 50, sie leben ohne ihre 5 bereits erwachsenen Söhne und außerdem 6 Monate im Jahr ohne Wasser, bis es wieder regnet (dann wird alles aufgefangen, was nicht verdunstet). Gegen 19 Uhr liegen wir in der dunklen Hütte auf dem gestampften Lehmboden, direkt neben einer Henne mit ihren Küken unter den Flügeln. Am nächsten Morgen Aufbruch vor dem aufziehenden Nebel, uns werden für die Nacht auf dem Krater 2 dicke Decken, die bitte nicht dreckig werden sollen, Waschen ist schwer in der Trockenzeit. Aber sie retten die Nacht! Nach einem Vormittag, wo Maik und ich 1000 Höhenmeter überwinden, stehen wir in der ersehnten Kraterzone, endlich, aber Moment mal! Wo ist den der Rauch, war der Vulkan nicht semi-aktiv? Und wieso liegt hier so viel Müll? Aber cool, die Grenze zu Guatemala geht direkt durch den flachen Platz und wir bauen unser Zelt im anderen Land auf. Dann noch eine Runde Frisbee über die Grenze spielen, abends zum Sonnenuntergang auf den 100m höheren Gipfel und dieses Wahnsinnsgefühl genießen, über den Wolken zu schweben. Am nächsten Morgen überrascht es mich nicht, dass außen und innen am Zelt eine dünne Eisschicht ist, denn es war schweinekalt, und ich bin froh als halb 6 der Wecker klingelt. Kaum wieder auf dem Gipfel, küssen uns die ersten Sonnenstrahlen guten Morgen und lassen den Vulkan einen langen Schatten werfen. Den Abstieg haben wir wohl etwas überhastet, ab der Hälfte des Weges verspüre ich krasse Knieschmerzen links (wie schon in Monterrey) und gehe am Stock. Aber dennoch faszinierend der Nebelwald knapp unter 2000m, diese riesigen Farne und schier unendlich-grünen Berghänge, mysteriöse Baumfrüchte und dann der Abzweig, wo wir hochzu dachten, das wäre ne Abkürzung, nur um beim Friedhof zu landen. Aber nein, einen Führer braucht man nicht, immerhin reicht unser Spanisch mittlerweile über die Bierbestellung hinaus und die Menschen am Vulkan helfen gern bei der Wegfindung.

So konnten wir trotz kleiner Umwege auch diesen Ausflug als Erfolg verbuchen, oder sagen wir lieber, den Strand haben wir uns verdient! Vor allem unsere Waden schreien nach Ruhe und Streckung, also 3h Busfahrt, kein Problem. Auf dem Weg nach Pijijiapan (wie es eigentlich heißt), sausen die Eindrücke vom Vulkan und den Leuten durch meinen Kopf, mischen sich mit der Vorfreude über die Küste und den Weg ins Ungewisse, keine Ahnung, wo wir heute Abend unser Lager aufschlagen werden. Und dann ist da noch diese Einsamkeit, mitten unter all den Mitfahrern, die Rastlosigkeit trotz der Vorwärtsbewegung, ach und überhaupt vermisse ich meine Freunde. Vielleicht einfach Musik hören und die Gedanken schweifen lassen? Aber meine Playlists habe ich seit der Arbeit auf der Farm bisschen über... Wie vom Universum geschickt taucht tatsächlich kurz darauf ein Musiker im Bus auf und spielt einige mexikanische Klassiker (vermute ich) auf seiner Gitarre. Vom Text verstehe ich kaum ein Wort, aber mein Herz singt mit, schwitzend und sowieso, Mexiko, du bist schon cool.

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